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Wirtschaftsgipfel BirminghamVereinigtes Königreich: 15-17 Mai 1998 |
1. Frühere Gipfel haben das Schwergewicht auf Wege zur Stärkung des globalen Finanzsystems gelegt. Im Laufe der letzten vier Jahre wurden angesichts rascher Globalisierung und technischen Wandels erhebliche Fortschritte bei der Ausarbeitung und Umsetzung spezifischer Empfehlungen gemacht. Der Globalisierungsprozeß und die jüngsten Ereignisse in Asien haben jedoch eine Reihe von Schwachstellen und Anfälligkeiten in den nationalen und internationalen Finanzsystemen sowie in den Kreditaufnahme- und Kreditvergabepraktiken von Banken und Investoren aufgedeckt. Wir müssen daher tätig werden, um das globale Finanzsystem zu stärken, um sowohl die Wahrscheinlichkeit des künftigen Auftretens derartiger Krisen zu verringern als auch um unsere Techniken zur Reaktion auf solche Krisen zu verbessern.
2. Dieser Bericht enthält Vorschläge, bei denen sich inzwischen ein Konsens für Modifikationen der Architektur des internationalen Finanzsystems abzeichnet. Er schließt aber den Prozeß nicht ab. Es gibt wichtige Aspekte der erörterten Fragen, die weiterer Arbeit bedürfen. Die Erörterungen innerhalb unserer Länder, mit den Schwellenländern und anderen interessierten Ländern, mit den internationalen Finanzinstitutionen und mit dem privaten Sektor werden in den kommenden Monaten fortgesetzt.
3. Wir haben in fünf Schlüsselbereichen Handlungsbedarf ausgemacht:
- erhöhte Transparenz;
- Unterstützung der Länder bei der Vorbereitung zur Integration in die Weltwirtschaft und auf den freien globalen Kapitalverkehr;
- Stärkung der nationalen Finanzsysteme;
- Sicherstellung, daß der private Sektor Verantwortung für seine Kreditvergabeentscheidungen übernimmt;
- weitere Verbesserung der Rolle der internationalen Finanzinstitutionen sowie der Zusammenarbeit zwischen ihnen.
Dieser Bericht legt dar, wie die Arbeit auf jedem dieser Gebiete vorangebracht wird, und zeigt eine Reihe von Gebieten für weitere Arbeit auf.
4. Wohlstand und Wachstum auf breiter Ebene setzt Finanzinstitutionen, Wirtschaftsunternehmen und Unternehmerpersönlichkeiten voraus, die bereit sind, Risiken zu tragen. Ein Risiko beinhaltet unausweichlich die Möglichkeit von Fehlschlägen. Wir können und sollten nicht versuchen, Fehlschläge ganz auszuschalten, größere Finanzsysteme müssen vielmehr robust genug sein, um gelegentliche Fehlschläge zu verkraften und Risiken einzudämmen, die das gesamte Finanzsystem bedrohen könnten. Und Kreditnehmer wie Kreditgeber, gleichgültig ob es sich um Regierungen, Unternehmen oder natürliche Personen handelt, sollten für ihre Entscheidungen und ihr Handeln die Verantwortung tragen. Die im folgenden dargelegten Grundsätze und Maßnahmen sollen dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen.
5. Dieser Bericht legt das Schwergewicht auf eine Reihe von Bereichen, in denen spezifische Änderungen dazu beitragen könnten, künftigen Krisen vorzubeugen und zu begegnen. Dieses Schwergewicht sollte nicht die wichtige Botschaft unterminieren, daß hinsichtlich der einzelnen Länder eine solide Wirtschaftspolitik, die ein breit angelegtes anhaltendes inflationsfreies Wachstum fördert, den wichtigsten Einzelbeitrag zur Vermeidung einer Krise darstellt. Und wenn Länder ein vom IWF unterstütztes Reformprogramm durchführen, ist ihre Verpflichtung auf und ihr Engagement für dieses Programm von entscheidender Bedeutung für dessen Erfolg. Solide Politik erfordert, daß strukturelle Wirtschaftsfragen in Angriff genommen werden und gleichzeitig sichergestellt wird, daß ausreichende Vorkehrungen für die ärmsten Teile der Gesellschaft und sonstige anfällige Gruppen getroffen werden, daß die Entwicklung nachhaltig ist und daß die Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle verbessert werden. In diesem Zusammenhang fordern wir den IWF und die multilateralen Entwicklungsbanken zur Zusammenarbeit mit der IAO auf, um die Schaffung fundamentaler Beschäftigungsstandards zu unterstützen, sowie mit den zuständigen internationalen Institutionen, um solide Umweltnormen zu fördern.
Transparenz
Publizität von Daten und Informationen
6. Genaue und rechtzeitige Wirtschaftsdaten sind wesentlich für ein vernünftiges Wirtschaftsmanagement, eine verbesserte Risikoeinschätzung durch die Investoren, eine größere Marktstabilität und eine wirksamere Überwachung. Die Asienkrise hat zum Beispiel die Notwendigkeit besserer und rechtzeitigerer Informationen über die offiziellen Währungsreserven der Länder und ihre diesbezüglichen Verbindlichkeiten sowie über die kurzfristigen Auslandsaktiva und -passiva des Finanzsektors aufgezeigt.
7. Gegenwärtig wird daran gearbeitet, die Aktualität und Genauigkeit der Daten zu verbessern.
- Wir begrüßen die Anstrengungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die mit den nationalen Behörden daran arbeitet, die Zusammenstellung und Veröffentlichung der Daten über die Höhe des Auslandsrisikos der Banken weiter zu beschleunigen und die Qualität der Daten zu verbessern.
- Der IWF sollte weiterhin nach Wegen suchen, um seine Mitglieder zur Bereitstellung transparenter Daten, zum Beispiel im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit, und insbesondere zum Beitritt zum Standard für die Weitergabe von Daten (Special Data Dissemination Standards) zu ermutigen. Er arbeitet gegenwärtig an einer Aktualisierung der Standards, die darauf ausgerichtet ist, auch international vergleichbare Maßstäbe für die Bewertung von Devisenreserven, das Auslandsrisiko der Finanzsektoren und Indikatoren für die Stabilität des Finanzsektors zu erfassen. Er sollte prüfen, wie am ehesten eine Verbesserung der Qualität der Daten über die Auslandsverschuldung des Unternehmenssektors erreicht werden kann. Es muß sichergestellt werden, daß Mitgliedsländer, die diese Standards übernehmen, sie auch vollständig einhalten. Der Fonds sollte Wege finden, die Nichteinhaltung der Standards bekanntzumachen, gegebenenfalls durch detaillierte Aufführung der Beanstandungen in seinem Internet Bulletin Board und durch öffentlichen Ausschluß der Länder aus dem SDDS, wenn sie diese Mängel nicht beheben. Wir räumen ein, daß dies für die Schwellenländer eine größere Investition bedeutet und fordern die Bereitstellung technischer Hilfe, um sie bei ihren Anstrengungen zu unterstützen.
- Wir ermutigen ferner den privaten Sektor, den SDDS als Informationsquelle für Wirtschafts- und Finanzstatistik sowie als Indikator für die Transparenz und Qualität der nationalen Daten uneingeschränkt zu nutzen und sich an dem fortgesetzten Bemühen um die Verbesserung dieser Standards zu beteiligen.
8. Darüber hinaus wäre es nützlich, wenn die Länder qualitativ bessere deskriptive Informationen über ihre Finanzsysteme, Märkte, Institutionen, Gesetze und sonstigen Aspekte des Finanzsektors, einschließlich detaillierter Angaben über die Bankenaufsicht, Konkursverfahren und Kreditpraktiken, Qualifikationsniveau und Struktur des Banksektors einschließlich des Verhältnisses zwischen Banken, Regierung und industriellem Sektor bereitstellen würden. In Verbindung mit den internationalen Finanzinstitutionen müssen wir weiterhin prüfen, wer diese Informationen zusammenstellen sollte und wie sie veröffentlicht werden sollten.
Offenheit in der Politikgestaltung
9. Mehr Offenheit in der Gestaltung der nationalen Politik hätte dazu beigetragen, die Krise vorauszusehen und trägt, allgemeiner gesagt, dazu bei, sowohl den Markt zu informieren als auch das öffentliche Verständnis und die Unterstützung für eine solide Politik zu fördern.
- In diesem Zusammenhang begrüßen wir insbesondere den Verhaltenskodex des IWF zur Transparenz in der Finanzpolitik. Wir begrüßen ferner die Entscheidung des IWF, die Erstellung eines ähnlichen Kodexes für die Finanzmarkt- und Geldpolitik zu prüfen. Wir sind der Auffassung, daß der Kodex zur Transparenz der Finanzpolitik und ein weiterer Kodex zur Finanzmarkt- und Geldpolitik nützliche Richtwerte für die Bewertung der Offenheit der Politikgestaltung während der Artikel IV-Konsultationen darstellen würden. Wir werden ferner die multilateralen Entwicklungsbanken aufrufen, den Kodex zu fördern.
- Wir rufen die internationalen Finanzinstitutionen auf, bei ihren Tätigkeiten und der Überwachungsarbeit mehr Gewicht auf Fragen der guten Regierungsführung und Offenheit des Politikgestaltungsprozesses zu legen.
Offenheit in den internationalen Finanzinstitutionen
10. Der IWF und die Weltbank haben ihre Besorgnisse und Empfehlungen für politische Maßnahmen in der Vergangenheit stets vertraulich übermittelt. Damit wird das Risiko überzogener Marktreaktionen vermieden und den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, von sich aus Maßnahmen zu ergreifen. Wir sind jedoch der Auffassung, daß gute Gründe dafür sprechen, den Fonds und die Weltbank offener zu gestalten und ihre Mitgliedsländer zu ermutigen, die von ihnen und anderen festgelegten Standards zu erfüllen und deren Empfehlungen umzusetzen.
11. Es ist wichtig, daß der IWF und die Weltbank regelmäßig Informationen über Mitgliedstaaten veröffentlichen, damit die Anleger fundiertere Entscheidungen treffen können. Seit Jahren haben Weltbank und multilaterale Entwicklungsbanken hierbei große Fortschritte erzielt. Der IWF hat auch in den vergangenen Jahren Schritte für die Bereitstellung umfangreicherer Informationen unternommen. Vor allem die Einführung der Pressemitteilungen (Press Information Notices - PINS) im vergangenen Jahr war ein wichtiger Schritt in Richtung größerer Transparenz. Über diese Pressemitteilungen können die Mitgliedstaaten die Schlußfolgerungen der Artikel IV-Konsultationen des IWF veröffentlichen, wenn sie dies wünschen.
- Wir müssen prüfen, wie wir auf den jüngsten Arbeiten des IWF aufbauen können, um seine Offenheit zu vergrößern. Dies könnte z.B. durch die rechtzeitige und systematische Veröffentlichung der Pressemitteilungen sämtlicher Artikel IV-Konsultationen, die Veröffentlichung der "letters of intent" und der wirtschaftspolitischen Grundlagenpapiere (policy framework papers) sowie die verstärkte Aufnahme länderspezifischer Informationen in den World Economic Outlook des IWF erfolgen. IWF und Weltbank sollten auch erwägen, Anreize für ihre Mitgliedsländer zur Veröffentlichung solcher Informationen zu schaffen, z.B. beim Entwurf von Programmen.
- Die Weltbank sollte unserer Auffassung nach hinsichtlich ihrer Länderstrategiepapiere (Country Assistance Strategies) auf verstärkte Publizität hinwirken.
- Es sollte weiter geprüft werden, ob der IWF einen Mechanismus "abgestufter Reaktionen" entwickeln sollte, um mit dem Exekutivdirektorium und den Mitgliedsländern in Verbindung zu treten, wenn Empfehlungen nicht beachtet werden. Darüber hinaus wäre es für den Fonds vielleicht hilfreich, seine Besorgnis hinsichtlich der Wirtschaftspolitik und Anfälligkeit der Länder öffentlich zum Ausdruck zu bringen.
- Wir ermutigen IWF und Weltbank auch dazu, Möglichkeiten zu prüfen, ihre Politik und ihre Verfahren stärker in der Öffentlichkeit zu vertreten - um ein besseres Verständnis ihrer Rolle in der Weltwirtschaft zu erreichen. Wir begrüßen die Schritte, die der IWF unternommen hat, um externe Bewertungen einiger seiner Aktivitäten vornehmen zu lassen. Wir bestärken ihn darin, Möglichkeiten einer systematischeren externen Bewertung zu prüfen.
Unterstützung der Länder bei der Vorbereitung auf den weltweiten Kapitalverkehr
12. Internationale Kapitalströme ermöglichen eine weltweit bessere Kapitalallokation und fördern die wirtschaftliche Entwicklung. Die Ereignisse in Asien haben jedoch deutlich gemacht, daß globale Kapitalmärkte plötzlich Schwächen sichtbar machen können, wobei Länder mit schwachen Fundamentaldaten, u.a. einem schwachen Finanzsystem, für externe Schocks anfälliger werden. Sie haben auch die Gefahren einer zeitlich schlecht abgestimmten und unausgewogenen Liberalisierung unterstrichen.
- Zur Gewährleistung einer geordneten Kapitalverkehrsliberalisierung müssen eine solide makroökonomische Politik verfolgt und Aufsichts- und Regulierungsverfahren geschaffen werden. Ein sachadäquates Management des Liberalisierungsprozesses ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Prozeß muß mit Reformen zur Stärkung des nationalen Finanzsystems einhergehen.
- Der IWF hat auf diesem Gebiet eine wichtige Rolle gespielt und sollte sie weiter spielen, indem er seine Mitglieder berät, wie eine geordnete Liberalisierung des Kapitalverkehrs am besten erreicht werden kann, und indem er die Anfälligkeit der Mitgliedsländer gegenüber Kapitalströmen überwacht.
Wir befürworten Maßnahmen zur Verbesserung seiner Fachkenntnisse über Kapitalmärkte und zur Sammlung von mehr Informationen über die Höhe der Auslandsschulden im Rahmen seiner regelmäßigen Überwachungstätigkeit. Dabei sollte der IWF mit der Weltbank, der BIZ und der OECD zusammenarbeiten.
- Wir fordern den IWF und andere Gremien dringend auf zu prüfen, wie Kapitalbewegungen, einschließlich kurzfristiger Kapitalströme, im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen und die Förderung der Stabilität für die Märkte wirksam überwacht werden können.
13. Die Kapitalverkehrsliberalisierung sollte nicht mit der Öffnung heimischer Märkte für ausländische Unternehmen verwechselt werden.
- Die Öffnung heimischer Märkte für ausländische Unternehmen kann zum Aufbau von tiefen und liquiden heimischen Finanzmärkten und Unternehmen mit gutem Management und angemessener Kapitalausstattung beitragen, die notwendig sind, um die Voraussetzungen für eine Liberalisierung des Kapitalverkehrs zu verbessern.
Stärkung der nationalen Finanzsysteme und Unternehmensführung
14. Schwächen im Finanzsektor einiger asiatischer Länder erhöhten ihre Anfälligkeit für externe Schocks. Zu diesen Schwächen zählten eine überhöhte Kreditvergabe an den Immobiliensektor, der Aufbau großer außerbilanzieller Positionen, ein überhöhtes Engagement gegenüber stark fremdfinanzierten Kreditnehmern, politisch motivierte Kreditvergaben und die übermäßige Aufnahme von Krediten mit kurzer Laufzeit und in fremder Währung. Wären Informationen über diese Entwicklungen früher und in stärkerem Ausmaß verfügbar gewesen, hätten die internationalen Märkte und die internationalen Finanzinstitutionen die Risiken in Asien und anderswo vielleicht besser einschätzen können. Die Krise ließ auch Schwächen bei der Risikobewertung in unseren eigenen Finanzsektoren deutlich werden. Einige Institute haben den Risiken nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt. All diese Schwächen zeigen die Notwendigkeit, die internationale Überwachung zu stärken, die aufsichtsrechtlichen Standards zu verbessern und international tätige Finanzinstitute zu ermutigen, anhand der verfügbaren Informationen vorsichtig zu agieren.
- Aufsichtsbehörden, die im Baseler Ausschuß und anderen Gremien zusammenarbeiten, sollten private Finanzinstitute ermutigen, bessere Verfahren zur Erfassung der Länderrisiken zu entwickeln.
- Wir müssen die Aufsicht über große, international tätige Finanzdienstleistungskonzerne weiter verbessern. Ein gesonderter Bericht der G 7 zur finanziellen Stabilität zeigt die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden hinsichtlich der Geschäftstätigkeit solcher Konzerne zu verbessern.
- Die Aufsichts- und Regulierungsbehörden sollten prüfen, wie die einzelnen Banken und ihre Aufsichtsbehörden am besten ermutigt würden, die Angemessenheit der Liquidität in fremder Währung (Fristigkeit der Verbindlichkeiten im Verhältnis zu den Anlagen) getrennt von der Liquidität in heimischer Währung zu überwachen.
15. Von primärer Bedeutung ist es, die Mitgliedsländer dabei zu unterstützen, ihre Finanzsysteme zu stärken und sicherzustellen, daß Banken und andere Finanzintermediäre über die Informationen, Qualifikationen und unternehmerischen Anreize verfügen, die sie für solide Kreditvergabe- und Risikoentscheidungen benötigen, daß sie einer entsprechenden Aufsicht und Regulierung unterliegen und daß der Unternehmens- und Finanzsektor ordnungsgemäße Bilanzierungs-, Offenlegungs- und Buchprüfungspraktiken anwendet, sowie sie zu ermutigen, tiefere, transparentere und offenere heimische Renten- und Aktienmärkte zu fördern, die Alternativen zur kurzfristigen Finanzierung durch Bankdarlehen in Fremdwährung bieten.
- Zusätzlich zu den Grundsätzen für eine wirksame Bankenaufsicht (core principles) müssen auch international anerkannte Grundsätze im Bereich Buchprüfung, Rechnungslegung und Publizität im Unternehmenssektor entwickelt sowie Vorkehrungen zur Gewährleistung der Umsetzung dieser Grundsätze getroffen werden.
- Wir begrüßen auch die Initiative der OECD, Standards und Richtlinien für Unternehmensführung zu entwickeln und bis zum Frühjahr 1999 Bericht zu erstatten.
16. Energische Bemühungen sind für die Umsetzung solider und transparenter Standards erforderlich. Dies obliegt zwar vorrangig den jeweiligen nationalen Behörden, es müssen jedoch Anreize geschaffen werden, damit dieses Ziel erreicht wird. Der wichtigste Anreiz besteht darin, daß die Schwellenländer vertrauenswürdig bleiben müssen, um weiterhin Zugang zu den Kapitalmärkten zu haben. Hinzu kommt:
- Der IWF hat Schritte eingeleitet, um den Finanzsektors gezielter zu überwachen, z.B. im Rahmen der Artikel IV-Konsultationen. Wir ermutigen den Fonds, hierauf in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden aufzubauen und sich für die vom Baseler Ausschuß verabschiedeten Grundsätzen für eine wirksame Bankenaufsicht einzusetzen. Ferner ermutigen wir die Weltbank, ihre Überprüfung der Finanzmarktpolitik und der Unternehmensführung in ihren Mitgliedsländern zu verstärken und diese Themen in ihren Länderstrategiepapieren aufzugreifen.
- Es bedarf weiterer Prüfung, wie die Anreize zur Übernahme der Grundsätze einer wirksamen Finanzaufsicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne verstärkt werden könnten, beispielsweise durch eine teilweise Koppelung der Zulassung ausländischer Finanzinstitute zu den führenden Finanzmärkten an die Umsetzung angemessener aufsichtsrechtlicher Standards in ihren Heimatländern.
- Wir ermutigen die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken, sich für transparente Märkte einzusetzen, die allen soliden Finanzinstituten zugänglich sind, für qualifiziertes Management, für unabhängige Banken, die sachgerechte Kreditvergabe- und Risikoentscheidungen treffen können, sowie für die dafür erforderlichen Marktstrukturen.
17. Das bestehende internationale System weist hinsichtlich der Überwachung der Aufsichts- und Regulierungssysteme der einzelnen Staaten eine Lücke auf. Eine verbesserte Überwachung dieses Bereiches würde dazu beitragen, daß nationale Behörden die internationalen Standards erfüllen, und würde somit finanzielle Risiken senken. Eine solche Beurteilung der Aufsicht und Regulierung kann die Grundlage für wirtschaftspolitische Erörterungen und, soweit erforderlich, angemessene Unterstützung durch den IWF und die multilateralen Entwicklungsbanken für Programme zur Stärkung der Finanzsysteme schaffen. Wir müssen uns damit befassen, wie die internationalen Bemühungen auf diesem Gebiet und damit zusammenhängenden Gebieten am sinnvollsten strukturiert werden können. Eine Reihe internationaler Institutionen ist mit unterschiedlichen Aspekten der Beratung bei der Entwicklung von Strategien zur Regulierung nationaler Finanzsysteme befaßt. Zu ihren Aufgaben gehören die Unterstützung im Fall von Finanzkrisen, der langfristige Aufbau Finanzsysteme der und die regelmäßige Überwachung. Es ist zu prüfen, wie diese Arbeiten wirksamer koordiniert werden können.
- Die internationalen Finanzinstitutionen und die internationalen Regulierungsgremien können einen wesentlichen Beitrag zur Bereitstellung technischer Hilfe und Beratung für die Schwellenländer zur Stärkung und Umstrukturierung ihrer Finanzsysteme leisten. Die Weltbank hat ihre Beratungskapazität zur Entwicklung der Finanzmärkte durch die Schaffung der Einheit für Sonderaufgaben im Finanzsektor (Special Financial Operations Unit - SFOU) zur Unterstützung der Krisenländer ausgebaut. Der Baseler Ausschuß und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich haben außerdem in Basel ein Institut für Finanzstabilität errichtet.
- Unseres Erachtens ist ein System multilateraler Überwachung der nationalen Finanz-, Aufsichts- und Regulierungssysteme dringend erforderlich. Dies könnte die Überwachung der Bereiche Banken- und Börsenaufsicht, Unternehmensführung, Rechnungslegung, Publizität und Konkursverfahren einschließen. Wir werden Möglichkeiten prüfen und die relevanten Institutionen um Vorschläge bitten, wie eine bessere Zusammenarbeit erreicht werden kann, einschließlich der Möglichkeit institutioneller Reformen. Dazu werden in jedem Fall eine stärkere Zusammenarbeit und verbesserte Beziehungen zwischen all diesen Institutionen sowie die Berücksichtigung nationaler Erfahrungen im Regulierungsbereich gehören. Im Herbst werden wir die in diesem Bereich erzielten Fortschritte prüfen.
Einbeziehung des Privatsektors und Moral Hazard
18. Die Weltwirtschaft braucht private Finanzinstitute, die nach sorgfältiger Beurteilung Risiken übernehmen. Sind solche Institute der Überzeugung, daß die Kreditnehmer immer ausgelöst werden, besteht für sie kein Anreiz, eine angemessene Risikobewertung vorzunehmen. Deshalb muß sichergestellt werden, daß der Privatsektor die Verantwortung für seine eigenen Kreditvergabeentscheidungen übernimmt. Ferner benötigen wir Methoden zur Einbindung des Privatsektors in die Krisenbewältigung, damit er die Kosten seiner Kreditvergabeentscheidungen ebenso übernimmt wie deren Erträge.
19. Im Krisenfall wird immer Druck ausgeübt werden, schnell zu handeln, um die Lage zu stabilisieren. Wir müssen Wege finden, wie dies ohne eine implizite Versicherung der Forderungen gegenüber dem Privatsektor erfolgen kann. Es wäre äußerst erstrebenswert, vorab einen Rahmen für die Behandlung von Zahlungsrückständen zu schaffen, um deutlich zu machen, daß alle finanziell engagierten Institutionen des Privatsektors einen Teil der Kosten tragen werden.
- Die nationale Politik sollte sich darauf konzentrieren, die richtigen Anreize zu schaffen: durch Einführung eines wirksamen Konkursrechts, durch die klare Ausformulierung eines finanziell tragfähigen Einlagensicherungssystems sowie durch Sicherstellung, daß illiquiden Instituten eine letzte Refinanzierungsmöglichkeit in einheimischer Währung nur zur Verfügung steht, wenn tatsächlich ein systemisches Risiko besteht. Zusammen mit einer verbesserten Aufsicht dürften diese Maßnahmen das richtige Signal für den Privatsektor sein.
- Der IWF sollte deutlich machen, daß er im Fall einer Krise bereit ist, Ländern mit Zahlungsrückständen auch Kredite zu gewähren, wenn es zur Einstellung des Schuldendienstes gekommen ist, vorausgesetzt, das Schuldnerland leitet angemessene Anpassungsmaßnahmen ein.
20. Es muß ein Rahmen für die fortgesetzte Beteiligung des Privatsektors für den Fall geschaffen werden, daß ein Land oder dessen Finanz- bzw. Unternehmenssektor Schwierigkeiten mit der Bedienung seiner fällig werdenden Fremdwährungsverbindlichkeiten hat.
- Wir müssen weitere Gespräche mit anderen Staaten und dem Privatsektor führen, wie ein solcher Rahmen am besten zu schaffen ist.
- Wir sollten insbesondere prüfen, wie die Empfehlungen der G 10 über eine flexible Gestaltung von Kreditverträgen umgesetzt werden können.
Mittelausstattung der IFI und deren Finanzierung
21. Die Reaktion von IWF und Weltbank auf die Asienkrise hat ihre zentrale Rolle im internationalen Finanzsystem bestätigt. Auch die Asiatische Entwicklungsbank hat bei der Reaktion auf die Krise eine wesentliche Rolle gespielt. Dies beinhaltete jedoch neue Kreditverpflichtungen des IWF und anderer internationaler Finanzinstitutionen in beispielloser Höhe. Wir müssen uns mit der Frage der stärkeren Beanspruchung der finanziellen Ressourcen befassen:
- Damit der IWF seine zentrale Rolle im internationalen Währungssystem spielen kann, muß die im Rahmen der jüngsten IWF-Quotenüberprüfung vereinbarte Quotenerhöhung ab Januar 1999 umgesetzt werden, damit der IWF angemessen mit verfügbaren Mitteln ausgestattet ist. Wesentlich ist ferner, daß die Neuen Kreditvereinbarungen (NKV) baldmöglichst in Kraft treten. Wir begrüßen die Schaffung der neuen Ergänzenden Reservefazilität (SRF).
22. Die Asienkrise hat auch gezeigt, daß unter besonderen Umständen auch bilaterale Mittel zusätzlich zur Zahlungsbilanzfinanzierung bereitgestellt werden können:
- Es muß gewährleistet werden, daß die Bereitstellung der bilateralen Mittel in Zusammenarbeit mit dem IWF erfolgt, mit dem IWF abgestimmt ist und die IWF-Konditionalität dadurch nicht untergraben wird.
23. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen zur Stärkung der Rolle von IWF und Weltbank vorgelegt.
- Es ist zu prüfen, ob die Personal- und Mittelaufteilung angepaßt werden muß, um den neuen Prioritäten Rechnung zu tragen.
- Eine engere Zusammenarbeit zwischen IWF und Weltbank ist besonders wichtig, um Überschneidungen zu vermeiden und Erfahrungen optimal zu nutzen.
Stärkung des internationalen Dialogs
24. Diese Fragen und unsere Antworten darauf haben die Notwendigkeit eines intensiveren internationalen Dialogs zwischen Industrie-, Schwellen- und Transformationsländern über Entwicklungen im globalen Finanzsystem deutlich gemacht. In Vorbereitung des Gipfels von Birmingham haben wir hierzu in den letzten Monaten nützliche Gespräche geführt. Wir wünschen uns, daß dieser Bericht als ein Beitrag zu der Diskussion über die Lehren aus der Asienkrise gesehen wird, und werden bei der Fortsetzung unserer Überlegungen weiterhin vielfältige Gespräche führen.
- Es sind weitere Überlegungen erforderlich, wie die bestehenden internationalen Gesprächsforen zur Erörterung solcher Themen, insbesondere der Interimsausschuß des IWF, weiterentwickelt werden könnten, um einen vertieften und effektiveren Dialog zu ermöglichen.
Quelle: Birmingham G8 Gipfeltreffen
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Dieses Auskunftsystem ist von der Bibliothek und von der G8 forschungsgruppe an der Torontoer Universität zusammengestellt. |
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